E-Mobility-Abenteuer zur Klosterruine Hirsau

E-Mobility-Abenteuer zur Klosterruine Hirsau

Mit dem Stromerle auf Entdeckungstour

Mit E-Mobility geht es lautlos von Bad Liebenzell zur Klosterruine Hirsau. Auf dem E-Moped gleite ich entspannt durch den Nordschwarzwald, vorbei an dichten Wäldern und historischen Orten – eine Tour, die Natur, Kultur und nachhaltige Mobilität perfekt verbindet.


Von Jean Secré
28.08.2024 - 18:12
Lesezeit: ca. 4 Minuten


ETAPPENSIEGER Mit dem Elektro-Moped lautlos unterwegs – schneller als mit dem Fahrrad, aber genauso naturverbunden Foto: Jean Secré

Mit ordentlich Tempo surrt das elektrisch angetriebene Gefährt auf der Geraden an zwei E-Bikern vorbei, die entspannt in die Pedale ihrer Pedelecs treten. Verwundert blicken sie dem lautlosen Überholmanöver hinterher. Doch während sie noch staunen, zerreißt plötzlich das Dröhnen eines Motorrads die Stille – begleitet von ohrenbetäubendem Gejohle. Ein Moment später kehrt Ruhe ein, und der Fahrer des Elektro-Mopeds kann wieder mit allen Sinnen in die Schönheit der Natur eintauchen.

Ein lauer Fahrtwind streicht über mein Gesicht, während ich lautlos dahingleite. Mein Gefährt hat keine vier Räder, sondern nur zwei – und statt vieler Pferdestärken nur eine Handvoll. Ich bin mit einem Elektro-Moped (E-Moped oder liebevoll "Stromerle" genannt) unterwegs, das mich entspannt und fast geräuschlos ans Ziel bringt: die Klosterruinen in Calw-Hirsau (Deutschland, Baden-Württemberg).

RETRO TRIFFT HISTORISCH Das moderne E-Moped im Retrodesign parkt an den Klosterruinen in Hirsau aus dem 11. Jahrhundert Foto: Jean Secré

Elektro-Enthusiasten

„Elektromobilität“ ist in aller Munde. Im Kopf haben die allermeisten dabei ein Automobil. Liebevoll spricht man hier von einem „Stromer“. Damit ist im Schwabenländle, wo wir uns gerade aufhalten, die logische Konsequenz: Das E-Moped muss dann wohl ein „Stromerle“ sein!

Der kleine „Stromer“ ist mit einem Gasdrehgriff ausgestattet und bringt es dank Elektroantrieb auf bis zu 45 km/h. Mit einer Reichweite von über 60 Kilometern bei voll geladenem Akku ist das „Stromerle“ perfekt für meinen Ausflug nach Hirsau und zurück. Die geräuschlose Fahrt führt über 29 Kilometer – gespickt mit ordentlichen Steigungen.

VORMACHER Wolfgang und Aloisia Streicher aus Weil der Stadt-Merklingen (D, BW) sind vom Elektroantrieb begeistert. Neben E-Mopeds und E-Rollern, sind sie stolze Besitzer eines Microlino Foto: Jean Secré

Ein Autoführerschein reicht aus

Bevor es losgeht, bin ich noch mit Wolfgang und Aloisia Streicher in Weil der Stadt-Merklingen (D, BW) verabredet – denn mein „Stromerle“ gehört eigentlich ihnen. Die beiden haben es mir freundlicherweise für ein paar Stunden ausgeliehen. Als echte E-Moped-Enthusiasten kennen sie sich bestens aus. In ihrer Garage in Merklingen stehen mittlerweile jede Menge lautlose Flitzer – jedes mit seiner eigenen Geschichte.

Für E-Mopeds und E-Roller reicht ein ganz normaler Autoführerschein oder der klassische Moped-Führerschein, der heute AM heißt“, erklärt Wolfgang. Mittlerweile ist auch seine Frau Aloisia begeistert vom „Stromerle“ und fährt regelmäßig damit. Ihre gemeinsame Leidenschaft für die kleinen, elektrischen Flitzer wurde schon vor vielen Jahren entfacht – durch ein Pilotprojekt der EnBW.

Für E-Mopeds reicht ein ganz normaler Auto-Führerschein oder der klassische Mopedführerschein (AM).

GRENZLAND Am Hörnle oberhalb von Möttlingen wechselt die Landschaft ihr Gesicht. Das Heckengäu im Rücken, kommt der Schwarzwald in Sichtweite Foto: Jean Secré

Über Berg und Tal

Für meine kleine Schwarzwaldtour steht die Retro-Variante des E-Mopeds bereit – voll aufgeladen und startklar. In elegantem Schwarz, mit einer großen Frontlampe und einem extrabreiten, gefederten Ledersattel macht das nur 45 Kilogramm leichte Gefährt ordentlich Eindruck. Der Zündschlüssel steckt am fiktiven Tank, wo die Batterie untergebracht ist. Ein Dreh, und der Radnabenmotor erwacht zum Leben. Die Fahrt kann beginnen – aber natürlich nur mit Helm, denn der ist Pflicht.

Leise surrend rolle ich durch die Ortsmitte, vorbei an Fachwerkhäusern und kleinen Läden, Richtung Kreisgrenze. Innerorts hält das E-Moped mit seinen 45 km/h problemlos im Verkehr mit. Selbst moderate Anstiege meistert der Motor mit knapp 40 km/h – flott genug für eine entspannte Tour. Doch an der Merklinger Steige mit ihren über 12 Prozent Steigung zeigt sich, wo die Grenzen liegen: Der Motor kämpft, quält sich mit seinem 78 Kilogramm schweren Passagier im Schneckentempo nach oben. Aber er gibt nicht auf – und sobald die Steigung nachlässt, erholt er sich augenblicklich.

Nur zehn Minuten nach dem Start erreiche ich das Hörnle über Möttlingen (Kreis Calw). Hier halte ich kurz an, atme tief durch und genieße den weiten Blick über den beginnenden Nordschwarzwald. Ein Moment purer Freiheit.

KAFFEEPAUSE Der Kurpark in Bad-Liebenzell lädt zum Flanieren ein Fotos: Jean Secré

Hinter dem Ort Unterhaugstett schlängelt sich die Straße in sanften Serpentinen hinab nach Bad Liebenzell. Der idyllische Kurort liegt eingebettet im Nagoldtal und empfängt Besucher mit entspannter Atmosphäre. Unten angekommen, lädt der weitläufige Kurpark entlang der Nagold zum Flanieren und Verweilen ein. In den gemütlichen Cafés und Restaurants lässt sich bei einer Tasse Kaffee oder einer regionalen Spezialität neue Energie für die Weiterfahrt tanken. Hoch über der Stadt thront die Burg Liebenzell, die einen Abstecher wert ist und einen herrlichen Blick über das Tal bietet.

SPURENSUCHE Die Klosterruine (links) mit der Ruine des Jagdschlosses (hinten rechts) in Calw-Hirsau Foto: Jean Secré

Ein Ort voller Geschichte und Mystik

Von hier ist es nicht mehr weit bis nach Hirsau, wo die imposanten Ruinen des einst bedeutenden Benediktinerklosters Besucher in ihren Bann ziehen. Im Mittelalter war das Kloster ein Zentrum der Gelehrsamkeit und des Glaubens, das weit über die Region hinaus Einfluss hatte. 1091 wurde die mächtige Klosterkirche St. Peter und Paul geweiht – ein Bauwerk, das in seiner Blütezeit zu den größten romanischen Kirchen Deutschlands zählte. Heute sind von ihr nur noch die Grundmauern erhalten, doch sie lassen die gewaltigen Ausmaße der Anlage erahnen.

Besonders beeindruckend ist der Eulenturm, ein romanischer Glockenturm, dessen markantes Erscheinungsbild das Bild der Ruinen prägt. Ein geheimnisvolles, umlaufendes Figurenfries schmückt seine Mauern und regt die Fantasie an – seine genaue Bedeutung gibt Historikern bis heute Rätsel auf. Wer durch die weitläufigen Klosterhöfe und zwischen den uralten Mauern schlendert, spürt die Atmosphäre vergangener Jahrhunderte. Die Mischung aus Geschichte, Architektur und der ruhigen Lage inmitten der Natur macht Hirsau zu einem einzigartigen Ort, der bis heute Pilger, Historiker und Ruhesuchende gleichermaßen anzieht.

FÜR ENTDECKER Die beeindruckende Klosterruine Hirsau mit dem historischen Jagdschloss lädt zu einer Reise in die Vergangenheit ein Fotos: Jean Secré

Zahlen, Daten, Fakten

TOURDETAILS
Die beschriebene Tour beginnt und endet in Weil der Stadt-Merklingen und verläuft auf gut ausgebauten Straßen durch den Nordschwarzwald. Sie führt über Möttlingen, Unterhaugstett, Bad Liebenzell und Hirsau, bevor es über Simmozheim zurückgeht. Die reine Fahrzeit beträgt etwa eine Stunde, die Streckenlänge rund 29 Kilometer – ideal für eine entspannte E-Mobility-Tour mit Zeit für Stopps und Entdeckungen entlang der Route.

SEHENSWERT
Entlang der Route gibt es viel zu entdecken: Der idyllische Kurpark in Bad Liebenzell lädt mit seiner Lage an der Nagold zum Verweilen ein, während die imposanten Klosterruinen in Calw-Hirsau ein echtes Highlight für Geschichtsinteressierte sind. Zudem gibt es unterwegs mehrere Restaurants und Cafés, die sich für eine gemütliche Pause anbieten.

Die Klosteranlage in Hirsau beeindruckt mit ihrem gotischen Kreuzgang, dessen Neubau 1474 begann. Heute sind davon nur noch Grundmauern und einige Fenster erhalten, die einen faszinierenden Einblick in die Vergangenheit gewähren. Direkt daneben thront das historische Jagdschloss aus der Renaissance (1592), das mit seiner Architektur einen reizvollen Kontrast zu den mittelalterlichen Ruinen bildet.

Website e-classik:
Website von Wolfgang und Aloisia Streicher

ABBILDUNGEN
© Jean Secré

Lust auf mehr vom hochblau Verlag...


hochblau PLUS-Artikel. Mehr zu "hochblau PLUS".
Weiterleitung zu einer externen Website eines fremden Anbieters. Lies bitte hierzu unsere "Rechtlichen Hinweise".


hochblau eMagazin